Kategorie: JULIEN BONET - Maskeraden
Mit Masquerades erschafft der französische Künstler Julien Bonet eine Serie von KI-generierten Porträts, die zwischen ethnografischer Dokumentation und zeitgenössischer Fiktion oszillieren. Ausgangspunkt sind die winterlichen Maskeraden Europas – archaische Feste, in denen wilde Kostüme und rituelle Choreografien den Kampf von Winter und Frühling, Ordnung und Chaos darstellen. Bonet, aufgewachsen in den 1980er Jahren und geprägt von kulturellen Brüchen zwischen analoger und digitaler Welt, transformiert diese Traditionen in eine visuelle Sprache, die aktuelle gesellschaftliche Ängste reflektiert: Klimakrise, Migration, Pandemien, Identitätsfragen.
Nach ersten Erfahrungen in Werbe- und Modefotografie fand Bonet durch die Arbeit mit generativer KI zu einer neuen künstlerischen Freiheit. Inspiriert von John Heartfields Fotomontagen nutzt er die Technologie wie eine Kamera – nicht um bestehende Stile zu imitieren, sondern um das Unvorstellbare sichtbar zu machen. Seine frontal inszenierten Figuren wirken zugleich vertraut und befremdlich: mythische Archetypen, die uns direkt anblicken und doch aus einer nicht existierenden Realität stammen.
Ein besonders eindrückliches Beispiel ist das Werk „Wired“ (2024). Vor einem nüchternen Wohnwagen steht eine Gestalt, vollständig umhüllt von einem Geflecht aus bunten Kabeln. Die Szene wirkt dokumentarisch und surreal zugleich: ein archaisches Ritual, das in die Gegenwart versetzt wurde. Wo früher Stroh oder Felle Schutz und Verwandlung boten, um Naturgeister zu beschwören, übernehmen nun Kabel die Rolle des Kostüms – Sinnbild für digitale Vernetzung, Datenströme und Abhängigkeiten. Die Figur wirkt zugleich geschützt und gefangen; ihre Anonymität spiegelt das Paradox moderner Technologie, die uns verbindet und isoliert zugleich. Bonets KI-gestützte Arbeitsweise verstärkt diese Ambivalenz: Die Bilder scheinen reale Dokumente und sind doch reine Imagination – moderne Mythogramme einer Welt im Wandel.
Die Serie ist damit ein Kommentar auf die Kraft von Mythen im digitalen Zeitalter. Wie alte Erzählungen aus kollektiver Erinnerung schöpften, greift auch KI auf immense Bildarchive zurück und formt daraus neue Narrative. Bonet sucht gezielt jene Momente, in denen die Maschine „aus dem Tritt gerät“ – wenn algorithmische Logik in poetische Fremdheit kippt und unerwartete Bilder hervorbringt.
Jedes Motiv entsteht in einem aufwendigen Prozess von mehreren tausend Bildgenerationen. Das Ergebnis sind hybride Bildwelten, die dokumentarisch erscheinen und zugleich das Imaginäre feiern. Bonets Masquerades laden ein, zeitlose Fragen neu zu stellen: Wer sind wir im Spiegel unserer Ängste? Welche Masken tragen wir heute? Und wie verwandelt Technologie unsere Mythen von morgen?
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JULIEN BONET - Verwundbar
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JULIEN BONET -Architekt
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