Nikolaus von Wolff: "I Ging Modified"

Promptography auf Hahnemühle-Papier Fine Art Papier

READERS Serie aus dem Jahr 2023

Größe: 50 x 50 cm 

Auflage: 3 + 1 A. P.

Rückseitig vom Künstler mit Bleistift signiert, betitelt und mit Editions Nr. versehen.

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Eine junge Frau liest in der U-Bahn eine veränderte Ausgabe des I Ging, jenes alten chinesischen Weisheitsbuches, das seit Jahrhunderten zwischen Orakel, Philosophie und Literatur changiert. Von Wolff verschiebt die Szene in die Gegenwart – nüchterne Architektur, Pendlerinnen und Pendler im Hintergrund –, während die Leserin in eine Tradition eintaucht, die den Wandel selbst zum Prinzip erhoben hat. Das modifizierte I Ging ist hier nicht nur Lektüre, sondern Metapher: für Transformation, für den Bruch mit Linearität, für die Idee, dass Zukunft immer Umschrift der Vergangenheit ist. Doch auch das Bild selbst ist „modifiziert“ – eine Konstruktion, deren perfekte Linien, subtile Balance und makellose Ausführung auf den Eingriff der KI verweisen. So reflektiert das Werk über die Frage, wie altüberlieferte Weisheit und digitale Bildproduktion in einem paradoxen Kontinuum aufeinandertreffen.

Im Rahmen der Serie Readers erhält diese Szene programmatischen Charakter. Von Wolff erschafft mit seinen Arbeiten ein visuelles Archiv, das aussieht wie ein Rückblick in die urbane Kultur der 1970er und 1980er Jahre – eine Zeit, in der das Lesen in der Öffentlichkeit selbstverständlich war und zugleich als Zeichen geistiger Tiefe wahrgenommen wurde. Doch diese Erinnerung ist trügerisch, denn sie basiert nicht auf fotografischer Spur, sondern auf KI-gestützter Simulation. Readers ist damit nicht bloß nostalgisches Spiel, sondern eine Auseinandersetzung mit der Fragilität des Authentischen. Das Lesen erscheint als Gegenwelt zur Beschleunigung, als Moment der Innerlichkeit, während die Bilder selbst die Brüchigkeit unserer Wahrnehmung vor Augen führen. Von Wolff verbindet so das Orakel des I Ging mit dem Orakel der KI – beides Systeme, die Deutungen eröffnen, aber keine Wahrheiten garantieren. In diesem Spannungsfeld entsteht die eigentliche Kraft der Serie: als Einladung, über unser Verhältnis zu Wissen, Technik und Erinnerung neu nachzudenken.